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Immobilia Oktober 2025

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IMMOBILIENRECHTMEHRWERTSTEUERMWST: WAS GILTBEI RÜCK- UNDUMBAUKOSTEN?Die mehrwertsteuerliche Behandlungvon Rückbau-, Bodensanierungs- undUmbaukosten ist komplex und hat einelange Vorgeschichte. Im Juli 2025 hat dasBundesgericht ein neues Leiturteil gefällt,während die ESTV bereits die nächstePraxisänderung im Entwurf publiziert hat.Für den steuerpflichtigen Laien wird derrechtliche Sumpf zur Stolperfalle.TEXT — DR. NIKLAUS HONAUER, RAINER STORK*mehrere Phasen durchlaufe: Es wird erstellt, betriebenund schliesslich abgebrochen (oder verkauft).Falls ein Gebäude nicht verkauft wird, gehören Abbau-,Rückbau- oder Aufräumarbeiten noch zurbisherigen unternehmerischen Tätigkeit und berechtigenzum Vorsteuerabzug. Bei einem Eigentümerwechselist jedoch in die Zukunft zu blickenund der Vorsteuerabzug beurteilt sich nach der zukünftigenVerwendung.Die aktuelle Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug auf Rückbau-, Bodensanierungs- undUmbaukosten ist komplex, bietet für Steuerpflichtige aber auch Gestaltungsspielraum.BILD: EBERHARD SPAEHT, STOCK.ADOBE.COMGERICHTLICHE PRAXISAuf Rückbau-, Bodensanierungs- und Umbaukosten(kurz: «Abbruchkosten») lasten nicht selten erheblicheVorsteuerbeträge, die nur unter bestimmten Voraussetzungenrückforderbar sind. Die Frage der Abzugsfähigkeitder Vorsteuern auf Abbruchkosten hat dasBundesverwaltungs- (BVGer) und das Bundesgericht(BGer) in jüngster Zeit immer wieder beschäftigt. ImFolgenden eine kurze Zusammenfassung der wichtigstenUrteile aus den letzten Jahren:– BVGer Urteil A-5099/2015 vom 20. Januar 2016und BGer Urteil 2C_166/2016 vom27. Oktober 2017: Eine Betriebsliegenschaft wurdebis Februar 2014 mit Mehrwertsteueroption vermietet.Ab dem Jahr 2014 wurde mit dem Abbruchdieser Liegenschaft begonnen, und ab dem Jahr2017 wollte die Steuerpflichtige auf dem Grundstückin mehreren Etappen und über eine Zeitspannevon 10 bis 25 Jahren eine neue Wohnüberbauungerstellen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung(ESTV) war der Auffassung, dass der Abbruch derBetriebsliegenschaft der zukünftigen von der Steuerausgenommenen Vermietung der Neuüberbauungdiente und deshalb kein Vorsteuerabzug möglich sei.Das BVGer kam allerdings zum Schluss, dass nurein loser Konnex zwischen der abgebrochenen Betriebsliegenschaftund der geplanten Wohnüberbauungbestehe, weshalb die erforderliche zeitlicheund sachliche Nähe für einen Ausschluss des Vorsteuerabzugsnicht gegeben sei. Das BGer bestätigteden Entscheid des BVGer und stellte dabei fest, dassein Gebäude bei der unternehmerischen TätigkeitFALLS EINGEBÄUDE NICHTVERKAUFT WIRD,GEHÖRENABBAU-, RÜCK-BAU- ODER AUF­RÄUMARBEITENNOCH ZURBISHERIGENUNTERNEHME-RISCHENTÄTIGKEIT UNDBERECHTIGENZUM VORSTEUER­ABZUG.– BVGer Urteil A-1436/2020 vom 22. September2020 und BGer Urteil 2C_876/2020 vom 13. September2022: In diesem Verfahren ging es um einIndustrieareal. Der Verkäufer hatte den Betrieb eingestelltund die Gebäude als Zwischennutzung mitOption vermietet. Der Käufer übernahm diese Mietverhältnisseund plante, das Areal mit einer Wohnsiedlungzu überbauen. Die ESTV verweigerte denVorsteuerabzug auf den Abbruchkosten, weil sie imZusammenhang mit der zukünftigen, von der Mehrwertsteuerausgenommenen Wohnnutzung stünden.Für das BVGer übernahm der Käufer jedoch diebisherige (steuerbare) Nutzung und führte sie weiter,weshalb der Vorsteuerabzug zugelassen wurde.Als letzte Instanz argumentierte das BGer jedoch,dass eine allfällige Zwischennutzung bei einem neuenEigentümer nicht per se eine eigenständige Betriebstätigkeitbegründet, nur weil er das Gebäudenoch in der Betriebsphase erworben hat. Stattdessenmuss aus sachlicher und zeitlicher Sicht zunächstanalysiert werden, welche Bedeutung einer allfälligenZwischennutzung im konkreten Einzelfall zukomme.Im zu beurteilenden Fall kam das BGer zumSchluss, dass es sich bei der Vermietung des Gebäudesdurch den neuen Eigentümer bis zum Rückbauum eine rein akzessorische Nebentätigkeit handelt,die keine eigenständige Betriebstätigkeit begründet,weshalb der Vorsteuerabzug im Hinblick auf die zukünftigeNutzung verweigert wurde.– BVGer Urteil des BVGer A-3360/2024 vom 11. Dezember2024 und BGer Urteil 9C_70 2025 vom25. Juli 2025: Im zu beurteilenden Fall sind bei derBeschwerdeführerin in den Jahren 2015 bis 2018Vorsteuern für den Abbruch der Betriebsliegenschaftenangefallen. Letztere wurden seit dem Jahr 2013mit einer steuerbaren Nutzungsquote von 95% mehrwertsteuerlichoptiert vermietet. Gestützt auf diebundesgerichtliche Rechtsprechung (2C_166/2016vom 27. Oktober 2017) ging die Beschwerdeführerindavon aus, dass der Abbruch eines Gebäudes der letzteAbschnitt der unternehmerischen Tätigkeit darstellt,weshalb sie die Auffassung vertrat, dass fürden Vorsteuerabzug auf den fraglichen Abbruchkostendie steuerliche Nutzungsquote direkt vor demAbbruch – hier 95% – massgebend ist. Die Quote von95% wurde von der ESTV im Rahmen einer MWST-32IMMOBILIA /Oktober 2025

Kontrolle jedoch auf 16,76% reduziert, weil die ESTVeine Aufteilung der Vorsteuern auf die 17-jährigeNutzungsdauer der Betriebsliegenschaften vordem Abbruch vorgenommen hatte. Dadurch wurdendie auf den Abbruchkosten lastenden Vorsteuernzum grossen Teil auf die Jahre 2013 und davoralloziert. Mangels Steuerpflicht der Beschwerdeführerinbis zum 31. Dezember 2012 reduzierte sichder abzugsfähige Anteil an Vorsteuern nach Ansichtder ESTV deshalb auf 16,76%. Das BVGer stützte dasVorgehen der ESTV vornehmlich mit der Begründung,dass eine Einschränkung des Vorsteuer abzugsgemäss Art. 29 Abs. 1 MWSTG nicht ausschliesslichprospektiv, d. h. im Hinblick auf die zukünftige unternehmerischeNutzung, so wie bei mehrwertsteuerlichenNutzungsänderungen, zulässig sei, sondern dasRecht auf Vorsteuerabzug in analoger Art und Weiseauch retrospektiv und zeitraumbezogen einschränkenkann. Mit dem Urteil 9C_70 2025 vom 25. Juli2025 bestätigte das BGer das Urteil der Vorinstanzund bekräftigte damit, dass Art. 29 Abs. 1 MWSTGauch retrospektiv im Zusammenhang mit AbbruchundSanierungskosten zur Anwendung gelangt, diedurch den bisherigen Eigentümer getragen werden.KRITISCHE WÜRDIGUNG DERRECHTSPRECHUNGAus dem jüngsten Urteil des Bundesgerichts 9C_702025 vom 25. Juli 2025 lässt sich ableiten, dass die retrospektiveAllokation der Abbruchkosten auch danngelten muss, wenn ein neuer Eigentümer die bisherigenGebäude zunächst einer Zwischennutzung zuführt, diefür sich betrachtet eine eigenständige Betriebstätigkeitdarstellt. Eine Zwischennutzung hat aber dannkeine eigenständige Betriebstätigkeit:– wenn bereits eine Umzonung geplant ist oder bereitsstattgefunden hat,– wenn der neue Eigentümer befristete Mietverträgeübernimmt,– oder der neue Eigentümer selbst befristete Mietverträgebis zum Rückbau abschliesst.SO ENTSTEHT EINE WIN-WIN-SITUATIONWie vorgängig aufgezeigt, ist die aktuelle Rechtsprechungzum Vorsteuerabzug auf Rückbau-, Bodensanierungs-und Umbaukosten komplex, bietet für denSteuerpflichtigen jedoch auch Gestaltungsspielräume.Werden die Abbruchkosten beispielsweise noch vomalten Eigentümer getragen, weil Letzterer im Unterschiedzum neuen Eigentümer den vollen Vorsteuerabzuggeltend machen darf, kann dies im Kaufpreismitberücksichtigt werden, sodass eine Win-win-Situation entsteht, von der beide Parteien schlussendlichprofitieren können. ÜBERSICHT ÜBER DIE SZENARIEN GEMÄSS AKTUELLER RECHTSPRECHUNGSachverhaltWer trägt dieAbbruchkosten?Umfang des Vorsteuerabzugs auf Rückbau-, BodensanierungsundUmbaukostenGebäude wird vorAbbruch ganz oderteilweise für steuerbareZwecke genutzt.Gebäude wird vor Abbruchfür von der Steuer ausgenommeneZwecke genutzt.bisherigerEigentümer oderVerkäuferneuer Eigen tümerbzw. KäuferVorsteuerabzug im Umfang der bisherigen steuerbaren Nutzung durchden bisherigen Eigentümer in den max. 20 Jahren vor dem Abbruch, derBodensanierung oder dem Umbau.Unter der Voraussetzung, dass der neue Eigentümer das Gebäude unmittelbarnach dem Kauf abbricht, dürfen die Vorsteuern auf den Abbruchkostenvom neuen Käufer im Umfang der max. 20-jährigen zukünftigensteuerbaren Nutzung nach dem Abbruch geltend gemachtwerden.Gebäude wird vor Abbruchfür von der Steuer ausgenommeneZwecke genutzt.Gebäude wird auf neuenEigentümer übertragenund vor dem Abbrucheiner allfälligen Zwischennutzungzugeführt (z. B.befristete optierte Vermietungbis zum Abbruch).bisherigerEigentümer oderVerkäuferneuer Eigentümerbzw. KäuferKein Anspruch auf VorsteuerabzugDie allfällige Zwischennutzung qualifiziert als eine eigenständigeBetriebs tätigkeit i.S.d. bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dann Vorsteuerabzugim Umfang der steuerbaren Nutzung während der max.20-jährigen Zwischennutzung vor dem Rückbau, der Bodensanierungoder dem Umbau.Die allfällige Zwischennutzung qualifiziert als keine eigenständigeBetriebs tätigkeit i.S.d. bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dannVorsteuer abzug im Umfang der max. 20-jährigen zukünftigen steuerbarenNutzung nach dem Rückbau, der Bodensanierung oder dem Umbau.*DR. NIKLAUSHONAUERDer Autor ist Rechtsanwaltbei pwc Baselund Zürich.*RAINER STORKDer Autor istSenior Manager beipwc Luzern und Zug.IMMOBILIA / Oktober 2025 33

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